Herwig Kager – Mein Antritt bei der ISOP
Jetzt kann ich es ja sagen, ich bin gleich nach dem 5. RLT noch in der Nacht an die italienisch-französische Grenze gefahren (ca. 830 km), um an einem internationalen Pokerevent teilzunehmen. So wie es in den USA die WSOP (World Series of Poker) gibt, so gibt es in Italien die ISOP (Italian Series of Poker). Das Ganze fand im Casino au Valée in Saint-Vincent statt. Als Turnier entschied ich mich für das Deepstack-Turnier mit 80K Startstack. Die Casinos in Italien (man glaubt es kaum, dass es nur deren vier in ganz Italien gibt) teilen sich die Pokerszene auf. Alle liegen im oberen Teil des Staatsgebietes von Italien.
Campione d´Italia (IPO/ Italian Poker Open)
Saint-Vincent (ISOP/ Italian Series of Poker)
Sanremo (EPT/ European Poker Tour)
Venedig (WPT/ World Poker Tour).
Für mich ging es am Samstag, 10.05.2014, gleich um 14 Uhr los. Nachdem ich im Anschluss an das 5. RLT bei uns um 00:45 h wegfuhr blieb nicht viel Zeit für Erholung. Ich wollte mich nach der Ankunft im Hotel vorher noch wenigstens zwei Stunden hinlegen. War nichts – 1x fiel irgendwo eine Zimmertür laut ins Schloss, 1x schrie ein Kind laut „Papa“ – das war es mit dem Schlaf. Gut – dann eben ohne. Ich würde keinen Pokerbewerb mehr in Italien spielen, wo es so viel Startstack gibt. Man darf nicht glauben, dass es mit 80K am Start leichter ist. Ganz im Gegenteil, die feuern noch mehr als ich es jemals erlebt habe. Es war schon in Campione d`Italia (40K Startstack) der Wahnsinn. Aber was ist schlimmer als Italiener mit 40K Startstack? – Italiener mit 80K Startstack.
Das Turnier
Spielort: Saint-Vincent (Aosta-Tal)
Spielstätte: Casino au Valée
Bewerb: Deepstack
Buy-in: EUR 360,00 + EUR 40,00
Gesamtteilnehmer (1A/ 1B/ 1C): 328 Spieler. Es wurde am Nachmittag von Tag 1B noch ein zusätzlicher 1C eingeschoben.
Bezahlte Plätze: 34 Spieler
Startstack: 80K
Tag 1B (mein Starttag)
Datum: 10.05.2014
Beginn: 14:00 h
Startstack: 80K
Leveldauer: 40 min.
Dauer: 11 Level
Lange Zeit konnte ich meinen Stack wenigstens halten. Das Ganze hatte aber für mich mit Poker nichts zu tun. Da wurde 3-gebettet, 4-gebettet, 5-gebettet, all-in gestellt, das war schlichtweg unglaublich. Obwohl ich kartenmäßig einen Unlauf hatte und eigentlich nie so richtig ins Spiel kam blieb ich geduldig, konnte mit ein paar Steals den Verlauf lange Zeit offen halten und war sogar beinahe 20K über meinem Startstack (fast auf 100K). Dann, wie sollte es anders sein? – es musste ja so kommen. Habe ich 1x einen richtig fetten Flop erwischt (gefloppte Nuts flush in Herz), callt mir der Gegner nach dem Flop 2x eine Riesen-Bet. Weshalb?, weil er mit seinen Pocket-3ern einen Drilling getroffen hat. Pairte sich am River das Board (es kam die zweite 5) – und er hatte sich das Full-house gelutscht. Das kostete mich so einmal auf die Schnelle 50K und der Kleine hatte nur mehr knapp über 45K – Campione d´Italia ließ grüßen. Danach schaute ich einmal eine Minute an die Decke, ich konnte es einfach nicht glauben. Der Tag war noch lange, aber so wollte ich das nicht hinnehmen und kämpfte mich dennoch bis ans Ende des Tages (Ende von Level 11). Den Tag schloss ich aber nur mit 52,2K ab.
Tag 2
Datum: 11.05.2014
Beginn: 14:00 h
Startstack: 52,2K
Leveldauer: 45 min.
Dauer: 10/ 11 Level (hing vom Turnierverlauf ab)
Gut – neuer Tag, neues Glück. Ich musste notgedrungen meine Range öffnen und drückte einfach voll an – was eben ging. Das war zwar nicht unbedingt mein Stil, aber in Anbetracht meiner Stackgröße angebracht. 1 1/2 Stunden nach Beginn von Tag 2 war ich auf 210K. Das brachte mir die Erholung, auf die ich so lange gewartet hatte. Die Blinds stiegen dann schon sehr an und die Pots wurden immer größer. Dennoch, obwohl sich das „Kartenmaterial“ mehr als bescheiden gestaltete, behielt ich die Geduld, spielte ohne viel Risiko und konnte bis lange in Tag 2 hinein meine 200K halten. Als ich bei Blinds von 4K/ 8K/ 1K so ca. 175K hatte, wurde mir AA gedealt. Call und Raise bis zu mir. Ich schiebe die 3-Bet rein und bekomme ein all-in von einer Spielerin auf Position 2, die weniger hatte als ich. Die Anderen foldeten und ich konnte ja gar nicht anders als callen – der Pot war über 310K. Dreht sie QQ um. Was kam am Flop??? – xQx. Kein weiteres A bis zum River und ich hatte gerade einmal nur mehr 50K vor mir. Ja, ich kann Euch sagen, das hat gesessen. Dieses Erlebnis wünsche ich keinem von Euch. Wenn das aufgegangen wäre, dann hätte ich rund 360K gehabt, wäre an Tag 3 und abermals bei einem großen Turnier im Geld gewesen.
Gut, Ärmel hoch und kämpfen. Wenn man glaubt, das war das Ende der Fahnenstange – weit gefehlt. Kurze Zeit später (ich war bereits am Aufholen und hatte schon wieder ca. 85K) saß ich im Big Blind und hatte zum 1. Mal die Möglichkeit zu checken. Ich hatte KJo, Flop Kxx, was soll´s? – das war die Chance zum Doppeln und rein mit den letzten Chips. Dreht der Spieler rechts von mir im Small Blind AA um. Ich sage Euch, da ist mir das Gesicht eingeschlafen, aber wie. Jetzt kämpfte ich zwei Tage wie ein Löwe und war an Tag 2 voll dabei – und dann geht´s innerhalb kurzer Zeit in zwei Händen den Bach hinunter. Schade, weil ich sehe mich bei diesen internationalen Turnieren nicht nur als Einzelspieler, sondern sehr wohl auch als Vertreter des PCP.
Fazit
Auch wenn ich noch immer ziemlich ang´fressen bin, es waren keine Spielfehler, die mich zum Ausscheiden brachten. Dennoch, da bin ich mir sicher, wird mich das einige Zeit sehr beschäftigen – ich bin einfach zu ehrgeizig. Da bin ich froh, wenn ich in nächster Zeit davon einwenig Abstand habe. Es hilft mir gar nichts, die Bestätigung erhalten zu haben, dass ich international gut mithalten kann und mein Spiel dem Grunde nach immer konstanter wird. Wenn man bedenkt, dass am ersten Tag lange Zeit Perica Maric (ein Poker-Pro aus Kroatien/ heurige IPO 2014 in Campione d´Italia Platz 45) und am ersten und zweiten Tag Allesandro Pastura (vom 888-Team mit WSOP Main Event-Erfahrung und dortigem Cash im Jahr 2011) meine Gegner waren, die ich öfters zum Folden brachte und ein paar Mal ein „nice hand“ erntete, dann ist das für mich auch nur ein unbedeutender Teilerfolg. Selbst wenn es am Ende ein Platz unter den Top-100 des Turniers wurde (Platz 97), ich hadere sehr mit dem Schicksal – es wäre viel mehr möglich gewesen. Aber andererseits – gegen die wirklichen Probleme im Alltag ist das wieder ein verschwindendes Nichts.
Der Erfolg war zwar nicht so wie bei der IPO in Campione d´Italia – ich hoffe aber dennoch, dass Ihr gesehen habt, wie ich alles gegeben habe.
So; das war´s auch schon mit dem Bericht von der diesjährigen ISOP und ich verbleibe
mit lieben Grüße an Euch alle.
Herwig